L'autre monde, 2025
Stéphane Foucaud

Hier ist die Geschichte dieses Werkes, in dessen Mittelpunkt die Macht dreier Gottheiten aus dem Südpazifik steht:

Unser Spielplatz, das freiliegende Riffdach, hielt so manche Überraschung für die Kinder meines Stammes bereit. Normalerweise nutzten wir das riffbedeckte Gebiet bei Ebbe zum Muschelsammeln, doch hier konnten wir Fangen spielen und dabei manchmal UFOs (unidentifizierte Treibgutobjekte) in den Unterwasserspalten entdecken. Unser Stammesgebiet, bekannt als Müllhalde für allerlei Treibgut, glich einem Fundbüro. Die ungewöhnlichen Bitten benachbarter Stämme gehörten zu unseren unerwarteten Funden. „Wenn ihr ein Klavier findet, selbst ein kaputtes, verbrennt es nicht. Ich brauche es für meine Künstlertochter. Sie will damit eine Installation für die nächste Biennale für zeitgenössische Kunst in Nouméa gestalten“, bat unser Häuptling, der Häuptling des Kongouma-Stammes (an der Ostküste Neukaledoniens), im Rahmen eines Brauchs (einer Art Tauschhandel).

Eine starke Strömung, die sich von vielen anderen aus dem gesamten Südpazifik abzweigte, ergoss sich in unsere Bucht und spülte immer wieder Kajaks, Surfbretter und in Japan gefertigte Bojen an. Was spirituelle Artefakte betraf, so untersuchte Gaston, unser „Pa a Péöpwö“ (Zauberer), sie systematisch, um die Güte ihres Schöpfers zu ergründen. Wir erinnern uns noch gut an den Tag, als er ein polynesisches Auslegerkanu „räucherte“: Die Veränderungen in Farbe und Beschaffenheit der Gase, die, beeinflusst von den Energien der Wolken, am Rumpf entlangströmten, erlaubten es ihm, die Aufnahme des Objekts in die Gemeinschaft zu bestätigen oder abzulehnen. Manchmal genügte es ihm nur, kurz seine Hand auf ein Material zu legen, um einen böswilligen Einfluss zu erkennen.

Nach drei Tagen voller Niedergeschlagenheit und tobender See waren wir bereit, die neuesten Überlebenden des Kuroshio (einer starken Strömung, die ihren Ursprung auf den Philippinen hat und auch als Golfstrom bekannt ist) zu entdecken. An diesem Tag schlich sich Doudou, mein kleiner Bruder, für eine Solo-Suche von uns weg. Als wir am Ziel ankamen, hatten wir alle unser Lager hinter Gaston aufgeschlagen und sahen Doudou, wie er gerade eine Statuette, die er aus dem Wasser gezogen hatte, im Sand vergrub. Entsetzt eilte mein Vater herbei und vergrub die Holzfigur, die zuvor noch nicht begutachtet worden war, noch tiefer im Sand, wobei er peinlich genau darauf achtete, sie nicht zu berühren. Die Sammler hatten ihre Suche kaum begonnen, als sie knapp unter der Oberfläche eine zweite Statuette entdeckten, dann eine dritte: „Das ist unmöglich! Ist etwa Weihnachten?!“, knurrte der Zauberer. In seiner Eile löste er seinen Sarong und benutzte ihn als Netz, um die Holzstücke aus den Wellen zu ziehen. Dann paradierte er in seiner zerrissenen Unterhose vor der gesamten Versammlung, die in unkontrollierbares Gelächter ausbrach. Anschließend bedeckte er seinen Körper sorgfältig mit einem selbstgemischten Schutzmittel und platzierte die Statuetten einander gegenüberliegend am Strand, in einer Art mystischer Trigonometrie, die durch einen Pfad aus kleinen Kieselsteinen miteinander verbunden war. Diese Verbindung sollte den Aufenthaltsort der Gottheiten und ihre jeweiligen Kräfte offenbaren.

Mein Vater, ein begeisterter Kenner der Stammeskunst, erkannte sofort den Einfluss der Marshallinseln, der Salomonen und Kiribatis. Einer der Entdecker tauchte noch vor Ende des Rituals wieder auf. Ein Hupen ließ die Menge, die sich um den Zauberer versammelt hatte, auseinanderstoben. Der sechsjährige Doudou, am Steuer unseres Automatikwagens, wagte sich aus dem Stammeslager zur Hauptstraße und überfuhr dabei aufgrund der schlechten Sicht einige Hühner. Sofort wurde er von den Mitgliedern unseres Clans mit ihren Fahrzeugen verfolgt. Während diese Verfolgungsjagd Doudou wieder zur Besinnung brachte, erklärte Gaston, warum sich das Verhalten seines Bruders plötzlich verändert hatte: Er war von der Salomonaise befallen worden: „Der Zauber dieser Statuette besteht darin, extreme Selbstüberschätzung hervorzurufen, ja sogar die Illusion von Superkräften beim Verzauberten zu erzeugen – eine Art zehnfacher Kokainrausch!“ Die Gruppe tauschte ein paar spöttische Lächeln aus, die andeuteten, dass sie womöglich einen Anhänger des weißen Pulvers entlarvt hatten. Dann, immer noch auf der Suche nach den unzugänglichen magischen Kräften der beiden anderen Artefakte, simulierte er, die miteinander verbundenen Steine aufzusaugen, wobei seine Augen verdreht wurden. Das Urteil erging genau in dem Moment, als die von der „Rodeo-Fahrt“ ramponierten Autos den Flüchtling zurückbrachten: „Die Marshallesen und die Kiribaten wurden von Zauberern erschaffen, die ihrem Kollegen zu Hilfe kamen; sie sind Beschützer, die damit beauftragt sind, die Macht der Salomonen, die nach Autonomie streben, einzuschränken.“

„Hat meine auch KI?“, fragte Doudou, nun unter genauer Beobachtung. Fasziniert von seinen plötzlichen Denkfähigkeiten, wartete ich gespannt auf die schulischen Leistungen dieses Dummkopfs, dessen Leistung durch den Einfluss der Holzpuppe beflügelt worden war. Währenddessen kratzte sich der „Pa a péöpwö“ am Kopf: Die Statuette zu verbrennen oder zu verstecken, würde ihren Bann über meinen kleinen Bruder nicht brechen; nur die Rückkehr zu ihrem Schöpfer konnte den Zauber aufheben. Ein Monat verging, in dem der erschöpfte Gaston all seine Magie aufwendete, um einer Reise ins Ungewisse zu entgehen. Vergeblich. Doudou wurde plötzlich, laut den Lehrern seiner Schule, zu einem Hochbegabten.

Letztendlich war es der Zauberer der Salomonen, der uns unerwartet erschien. Die Jungen, die vom Fischen zurückkehrten, brachten ein Bestattungskanu an Land, das auf einem vorgelagerten Riff gestrandet war. Das aus zwei Holzblöcken gefertigte Boot war mit einem offenen Leichentuch bedeckt, das Asche, verstreute menschliche Knochen und ein teilweise verkohltes Heilerbesteck enthielt, das Spuren der Schändung aufwies. Daher fehlte der Deckel, und die Statuetten, die den unglücklichen Zuschauern wohl uninteressant erschienen, waren entfernt worden. Sorgsam ihrem Besitzer zurückgegeben, wurden die drei Artefakte wieder in das schwimmende Grab eingeschlossen. Wir geleiteten sie aus unseren Strömungen hinaus, eingelullt von den reisefördernden Beschwörungen, die Gaston sprach. Ergriffen von den Tiefen der Naturkräfte, die unsere Kosmogonie für diesen Anlass geformt hatten, sang er uns den ganzen Rückweg. Und die Lehrerin war am nächsten Tag erstaunt über den plötzlichen Rückfall des Bruders, den Beweis dafür, dass er tatsächlich vom Bann befreit worden war...