Jean-Claude Desmerges

Jean-Claude Desmerges ist ein 1957 geborener französischer Künstler und Forscher, der seine Fähigkeiten als bildender Künstler und Forscher in einem kontextuellen Ansatz vereint.

Als promovierter Kunsthistoriker und außerordentlicher Professor für Bildende Kunst lässt er sich in seinem künstlerischen Schaffen von Reisen, Poesie und Literatur inspirieren. Er drückt sich vor allem durch Malerei, Zeichnung und Bildhauerei aus.

Jean-Claude Desmerges vertieft sich in seine Themen, um die menschlichen und ökologischen Herausforderungen zu vermitteln und verbindet visuelle Gestaltung mit akademischer Forschung (PUF, l'Harmattan, CAMELIA Laboratory, Frankreich). Seine Werke wurden weltweit in renommierten Institutionen ausgestellt (Galerie Antoine Candau, Paris; Galerie Fac Simile, Mailand; Biennale von Venedig und Dakar u. a.).

Meine erste Reise in die Casamance und meine erste Begegnung mit Seyni,

eines Tages im Juli 2022

Zuerst schien es, als ob die Geschichte im Frauenmuseum in Dakar, im ersten Stock, mit einer Dokumentation über Seyni begann… Eine Woche später machte ich mich auf die Suche nach ihr und nahm die Fähre nach Casamance. Ich wusste nicht genau, was mich erwarten würde, und sah diese Reise zunächst als eine jener Rückkehren zu meinen Wurzeln, die ich seit einigen Jahren in Afrika erlebe, seit Burkina Faso 2019, auf der Suche nach Geheimnissen und Ritualen. Für mich sind Reisen und Zeichnen, Malen oder Bildhauen, aber auch Schreiben, eins. Doch als ich in Seynis Refugium ankam, verschwand jede Spur von Unsicherheit; ich fand mich in einem urtümlichen Hymnus wieder. Ich hatte das seltsame Gefühl, sie zu kennen, sie gehört zu haben. In ihren Augen brannte ein Feuer. Ich war nur einen Tag weg, und zwei Wochen später war ich immer noch da, in ihrer Nähe, beobachtete sie, skizzierte sie und ihre Werke im Entstehungsprozess. Mit ihren Händen formt sie den Ton, als würde sie handvollweise Schlamm verschlucken, um daraus fruchtbare Erde zu formen, kleine, halb Tier, halb Mensch, Wesen einer anderen Ordnung. Mit dem Daumen schnitzt und spaltet sie den gelben und violetten Ton; unter ihren Fingern, die das formlose Material streicheln, ihr durchdringender, leuchtender Blick, erfasst sie die Bedeutung des Lichts, und ich – ich weiß nicht mehr, wo und wie, aber ich beginne, auf dem Boden zu zeichnen. Ich ergebe mich dem Kohle- und Tonstaub, einem Umschreiben, dem Versuch, die „Realität“ meiner Erfahrung auszudrücken, ohne zu wissen, was ich auf diesen gefundenen Zementsäcken tue, die ich hastig aufgerissen und entleert habe und die mir als Unterlage dienen. Alles geschieht sehr schnell. Mit einem kurzen Atemzug entscheide ich mich für eine dynamische Linie, als wäre ich ein durchgehendes Pferd, dessen oberstes Ziel es ist, mit den beschwörenden Zeichen zu verschmelzen, die Seynis Hände geformt haben – für mich das einzige elementare Mittel, ihre innere Welt zu erreichen. Während ich zeichne, was ich von Seyni oder ihren Skulpturen um mich herum sehe, beginne ich zu verstehen, dass es nicht mehr Zeichnen ist, sondern „Imagination“, die ich folge, um eine mentale Reise zu erschaffen, die alle Regeln sprengt, um zu etwas Physischem, Kraftvollem und Spirituellem zu gelangen – kurzum, zu einer Verschmelzung. Der einzige Weg, ihre höhere Welt zu erreichen, weiter zu suchen, führt mich durch das Zeichen, die Verbindung mit der Welt der Töpferin aus der Casamance. Ich zeichne einen Lebensweg, überzeugt davon, einen initiationsartigen Reisebericht zu schreiben, der mich vier Jahre lang immer wieder an den Rand des Unbekannten führen wird. Was ich in der Galerie Claire Corcia präsentiere, sind Spuren neuer Erinnerungen, wie Korrespondenzen oder Synästhesien zwischen den Sinnen und Wahrnehmungen, die ich in ihrem Atelier erlebt habe. – Jean-Claude Desmerges