Im Gespräch mit Kathleen Bühler: Die Kunsthistorikerin und Ausstellungskuratorin des Kunstmuseums Bern begrüßt Artsper!

Kathleen Bühler, Foto: Sarah Maurer

Diese Woche hatte Artsper das Vergnügen, sich mit Kathleen Bühler, der zeitgenössischen Kunsthistorikerin, Kritikerin und Kuratorin, zu treffen! Kathleen Bühler lebt heute in Zürich und ist die Chefkuratorin im Kunstmuseum Bern. Sie engagiert sich für die Entwicklung der künstlerischen Kultur in der Schweiz und setzt sich in ihren kuratorischen Projekten mit zentralen kulturellen Themen wie weibliche Schönheit, künstlerische Vielfalt und soziale Ungleichheit auseinander. Unser Team sprach mit Kathleen über ihren bisherigen Karriereweg, ihre Beobachtungen zu Trends in der zeitgenössischen Kunstwelt und ihre neuesten, branchenprägenden Projekte! Willkommen in der Welt von Kathleen Bühler!

1. Guten Tag, Frau Bühler! Ihre Arbeit als Kunsthistorikerin hat Sie zur Chefkuratorin im Kunstmuseum Bern geführt. Können Sie uns mehr über Ihren beruflichen Werdegang erzählen und wie Sie zu dieser Position gekommen sind?

Schon während meines Studiums der Kunstgeschichte, Filmwissenschaft und Philosophie arbeitete ich als Praktikantin in Kunstmuseen und sammelte praktische Erfahrungen. Ich assistierte, ordnete graphische Bestände, erfasste Daten, kuratierte erste kleine Ausstellungen und lernte dabei die Museumsarbeit von der Pike auf. 

Dabei entdeckte ich das große Potenzial der kuratorischen Arbeit, wenn damit nicht nur Kunstgeschichten abgebildet, sondern historische, kulturelle und ideologische Setzungen hinterfragt werden. Kuratieren erwies sich für mich als aufregendste Arbeit der Welt. Dabei konnte ich mich mit Kunst beschäftigen sowie aktuelle Themen aufgreifen und sie im Rahmen von Ausstellungen untersuchen.

Links: Miriam Cahn, geologie, 16.10.96 (traum 8.10.96), 1996 (Detailaufnahme, Kunstmuseum Bern, Schenkung Stiftung Kunst Heute) / Rechts: Maria Lassnig, Rosa Elektrizität: oder: Elektrisches Selbstportrait II, 1993 (Detailaufnahme, Kunstmuseum Bern, Stiftung Kunsthalle Bern) 

2. Welche aktuellen Trends und Entwicklungen sehen Sie in der zeitgenössischen Kunstszene und wie spiegeln sich diese in den Ausstellungen und Sammlungen des Kunstmuseums Bern wider? Und wie stellen Sie sicher, dass die Ausstellungen und Programme des Kunstmuseums aktuell bleiben und den Puls der Zeit treffen?

Als aktuelle Trends sehe ich alle Spielformen des Digitalen, dann die Beschäftigung mit einem posthumanistischen Weltbild, mit Ökologie im weitesten Sinn und Diversität. Wir haben im Kunstmuseum Bern seit den Neunziger Jahren versucht, mit unseren Ausstellungen den gängigen Kanon aufzubrechen und mehr Diversität in unsere Sammlung und Ausstellungsprogramm zu bringen. 

Wir waren die ersten in der Schweiz, welche konsequent Künstlerinnen oder Künstlerpaare in den Fokus gerückt haben (Jackson Pollock und Lee Krasner, Josef und Anni Albers, Marina Abramović, Tracey Emin, Miriam Cahn, Katharina Grosse). Wir sammeln und zeigen seit den Nuller Jahren Kunstwerke von nicht-europäischen Künstler:innen (Chinesische Gegenwartskunst, Süd- und Nordkoreanische Kunst, Teruko Yokoi, Kader Attia, Kim Sooja, Nam June Paik, El Anatsui, Tracey Rose, Zarina Bhimji).

3. Katharina Grosse, Meret Oppenheim, Miriam Cahn... um nur einige der bemerkenswerten Künstlerinnen zu nennen, die einen besonderen Platz im Kunstmuseum Bern eingefunden haben. Wie gehen Sie mit Diversität und Inklusion um, insbesondere in Bezug auf feministische Ansätze, und wie fördern Sie eine repräsentative Vielfalt von Künstlerinnen in Ihren Ausstellungen und Sammlungen? Wie entscheiden Sie, welche Künstlerinnen und Künstler oder Kunstwerke in den Fokus der Ausstellungen gerückt werden sollen, und welche Kriterien spielen dabei eine Rolle? 

Ich war schon während meiner Schulzeit Feministin und daher schien es mir logisch, dass ich beim Sammeln und Ausstellen auf eine gendergerechtere Aufteilung achten muss. Hier im Kunstmuseum Bern sammeln wir seit fünfzehn Jahren bevorzugt die Kunst von Künstlerinnen (Meret Oppenheim, Louise Bourgeois, Maria Lassnig, Suzan Frecon, Berlinde De Bruyckere, Etel Adnan, um nur einige zu nennen). 

Bei thematischen Ausstellungen schaue ich auf ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis und in unseren Sammlungsausstellungen rücken wir die Randzonen der Kunstgeschichte in den Mittelpunkt. Die Kriterien sind dieselben wie bei klassischen Ausstellungen: wir zeigen Künstler:innen und Werke, die uns aufregend, aktuell oder aussergewöhnlich scheinen, und welche eine nähere Betrachtung verdienen – nicht zuletzt, weil sie bisher übergangen worden sind.


Links: Meret Oppenheim, Die vier Elemente. Wasser, 1963 (Detailaufnahme, Kunstmuseum Bern, Anne-Marie und Victor Loeb-Stiftung, Bern) / Rechts: Katharina Grosse, Ohne Titel, 2005 (Detailaufnahme, Kunstmuseum Bern, Schenkung Frau Marlies Kornfeld für die Abteilung Gegenwart)

4. Sie kuratieren von Berufs wegen. Wir würden gerne wissen, welche Kunst Sie in Ihrem Zuhause "kuratieren"? Auf welche Künstler haben Sie derzeit ein besonderes Augenmerk und warum? 

Ich sammle zuhause nicht so systematisch wie im Kunstmuseum. Meine Kunstwerke sind Erinnerungsstücke, biographische Zeitzeichen und bilden ein sehr persönliches Sammelsurium. Es sind Kunstwerke von Menschen, die in meinem Leben eine Rolle spielen. Zuhause möchte ich mich erholen und nähren, daher schätze ich poetische, sinnliche Werke durchaus auch voll abgründigem Humor.

5. Das Kunstmuseum Bern ist für seine engagierte Provenienzforschung und Restitutionspraxis bekannt, insbesondere im Zusammenhang mit der Aufarbeitung von NS-Raubkunst. Wie setzt sich das Kunstmuseum mit dieser historischen Verantwortung auseinander und wie gestalten Sie als Kuratorin die Präsentation von Werken, um die Museumsbesucher zur Reflektion dieser Themen anzuregen? 

Die Provenienzforschung hat sich auf die ganze Kunstsammlung des Kunstmuseum Bern ausgeweitet. Damit zeigen wir, dass wir Verantwortung in weiterem Sinn verstehen. Beim Ausstellen von Sammlungswerken geben wir unseren jeweils aktuellen Forschungsstand wieder und bemühen uns, die bisherigen Wissenslücken konsequent zu schliessen. Ausserdem wird bei all diesen Themen transparent informiert, so dass wir jederzeit zur Rechenschaft gezogen werden können.


Auswahl von Kunstwerken

Drucke, Composition pour les JO, Nam June Paik

Composition pour les JO

Nam June Paik

Drucke - 63 x 90 cm Drucke - 24.8 x 35.4 inch

Verkauft

Drucke, Current and surface series, Robert Rauschenberg

Current and surface series

Robert Rauschenberg

Drucke - 102 x 102 cm Drucke - 40.2 x 40.2 inch

4.000 €

Drucke, The 10th New York Film Festival, Josef Albers

The 10th New York Film Festival

Josef Albers

Drucke - 127 x 66 cm Drucke - 50 x 26 inch

2.444 €

Drucke, Untitled - Expression no. 1, Jackson Pollock

Untitled - Expression no. 1

Jackson Pollock

Drucke - 58.5 x 74 x 0.2 cm Drucke - 23 x 29.1 x 0.1 inch

Verkauft

Drucke, TV Tulips, Nam June Paik

TV Tulips

Nam June Paik

Drucke - 33 x 44 x 2 cm Drucke - 13 x 17.3 x 0.8 inch

7.500 €

Drucke, International Very Special Arts Festival, Robert Rauschenberg

International Very Special Arts Festival

Robert Rauschenberg

Drucke - 90.2 x 67.3 cm Drucke - 35.5 x 26.5 inch

6.354 €

Drucke, A cunt is a rose is a cunt, Tracey Emin

A cunt is a rose is a cunt

Tracey Emin

Drucke - 39 x 55 cm Drucke - 15.4 x 21.7 inch

6.032 €

Drucke, You Loved Me Like a Distant Star, Tracey Emin

You Loved Me Like a Distant Star

Tracey Emin

Drucke - 70 x 50 cm Drucke - 27.6 x 19.7 inch

5.977 €

Zeichnungen, Weinenmüssen, Miriam Cahn

Weinenmüssen

Miriam Cahn

Zeichnungen - 57 x 42 cm Zeichnungen - 22.4 x 16.5 inch

Verkauft

Drucke, GB 2, Josef Albers

GB 2

Josef Albers

Drucke - 52 x 51 cm Drucke - 20.5 x 20.1 inch

Verkauft

Drucke, Spinning Around, Damien Hirst

Spinning Around

Damien Hirst

Drucke - 110 x 91 x 0.2 cm Drucke - 43.3 x 35.8 x 0.1 inch

38.000 €

Skulpturen, Dharma wheels, Nam June Paik

Dharma wheels

Nam June Paik

Skulpturen - 44 x 41 x 30 cm Skulpturen - 17.3 x 16.1 x 11.8 inch

Verkauft

Gemälde, Panoramique, Ralph Resch

Panoramique

Ralph Resch

Gemälde - 89 x 232 x 2 cm Gemälde - 35 x 91.3 x 0.8 inch

Verkauft

Gemälde, Rizières, Ralph Resch

Rizières

Ralph Resch

Gemälde - 116 x 89 x 2 cm Gemälde - 45.7 x 35 x 0.8 inch

Verkauft

Gemälde, King street, Stoz

King street

Stoz

Gemälde - 100 x 70 x 2 cm Gemälde - 39.4 x 27.6 x 0.8 inch

Verkauft